Auszug aus den niedergeschriebenen Eindrücken vom Besuch des alten Geburts- und Heimatortes

Außer unser kleinen Gruppe mit Begleiter Mikola, Michail und Fahrer Iwan, der mit seinem Ford uns hinter her fuhr, war kein Mensch zu sehen. Die Erklärung dafür, gab uns Mikola. Es ist ja Feiertag und die Kolchose existiert nicht mehr. Neue Strukturen bzw. private Landwirtschaftsbetriebe gibt es noch nicht wieder. Das Land gehört dem Staat und wird mangels Kapital nicht bearbeitet. Was hätten wohl unsere Vorfahren dazu gesagt? Daher führte uns Mikola zum Standort der Kirche und des Friedhofs, die sich früher links von der Straße, im Wald befanden und über angelegte Wege zu erreichen waren. Wir bogen auf einen wenig benutzten Waldweg ein, der links und rechts von dichten Bäumen und Gebüsch eingerahmt und stellenweise morastig war. Die Sonnenstrahlen glitzerten durch die Bäume. An den Seiten und auch in der Mitte des Weges wuchsen die verschiedensten Gräser, Wald- und Wiesenpflanzen sowie blühende Blumen. Wir erlebten eine reine Natur, eine friedliche Stille, die nur durch Vogelgezwitscher und leises Summen von Insekten unterbrochen wurde. Es war sehr stimmungsvoll. Aber langsam wurden wir skeptisch, ob wir den richtigen Weg gehen, denn er endete plötzlich mitten im Wald. Dass Mikola uns richtig geführt hatte, erkannten wir an dem vor uns stehenden, etwa 1,5 m hohem Holzkreuz.

Wir befanden uns mitten auf dem früheren Friedhof. Er entstand erst mit der Eröffnung der Kirche am 29. Sept. 1930. Bis dahin wurden die Toten von Zamostecze auf dem Friedhof in Swierzowskie-H. beigesetzt. Es war so, als wäre es jetzt erst aufgestellt worden. Es müssen sehr gläubige ukr. Landsleute gewesen sein, die auf diese Weise unsere Toten ehrten. Hier war auch unser Großvater Jan Bytof beerdigt. In stiller Trauer gedachten wir der Toten und suchten nach Grabsteinen. Von Großvaters Grab fanden wir leider nichts. Neben den Friedhofspflanzen und dem Holzkreuz, fanden wir als stumme Zeugen einen stehenden Stein, unbeschriftet und zwei liegende Steine, die mit Schrift versehen waren. Nach Entfernen von Moos entdeckten wir folgende Inschrift: 1. Stein: Anna Popko, gest. 10. 05. 1938; 2. Stein: Karolina Brzoska, Frau von Michail Brzoska, mit 2 Kindern, s. Bild 73 (links). Nicht nur die lange Zeit kann Ursache der Zerstörung gewesen sein. Es muß angenommen werden, daß die Nationalisten beim Massaker, nicht nur die Lebenden beseitigten, sondern auch die Ruhe der Toten so frevelhaft störten.

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